Einsatz von Fokuswörtern in der Kommunikationsförderung – eine Idee zur strukturieren Förderplanung in der UK

Abbildung: Fokuswörter mit Lupe

Die Kommunikationshilfe ist da – und jetzt geht’s los!

Doch gleich nach der Freude der gelungenen Versorgung, kommen die ersten unsicheren Fragen des Teams rund um den Nutzer: „Aber da sind ja sooo viele Wörter drauf?“ - „Wie kann denn das Umfeld nun sinnvoll und mit welchen Wörtern beginnen?“ – „Welche davon sind für den Nutzer am wichtigsten – am sinnvollsten – am motivierenden?“ – „Wie sollen wir (=das Umfeld) lernen, wo die vielen alle Wörter zu finden sind, um zu modeln?!“

Diese Fragen bekommen wir in den Beratungen und Schulungen bei LIFEtool immer wieder gestellt. Hier kann das Konzept der Fokuswörter-Reihen von Stefanie Sachse u. Melanie Wilke eine gute Interventionsstrategie sein.

Diese Fokuswörter-Reihen von Stefanie Sachse & Melanie Wilke können Sie HIER KOSTENLOS downloaden und steht auch auf der Homepage des FBZ Köln zum Download.

Screenshot der PDF: Fokuswörterreihen

Was sind „Fokuswörter-Reihen“?

Das große Ziel – ein Wortschatz mit ca. 100 Wörtern – kann mithilfe der Einteilung der Wörter in sogenannte „Fokuswörter-Reihen“ systematisch innerhalb von ca. 2 Jahren erarbeitet werden.

Wie funktioniert das in der Praxis?

Das Team wählt aus den Fokuswörter-Reihen eine Reihe aus.Dann sucht sich das Team auf dem SAGE, wo diese Wörter zu finden sind.

Diese können dann auch ev. farblich markiert werden, oder es werden „Schummelzettel“ mit den Pfaden dafür erstellt, wie auf dem SAGE zu diesen Worten navigiert werden kann.

Anschließend überlegt das Team, in welchen Situationen diese Wörter in den nächsten 6 - 8 Wochen wirklich hochfrequent für den Nutzer gemodelt und eingesetzt werden können.

Screenshop: Fokuswörter Reihe 1 in MetaTalk 6x11 markiert
Abbildung: Fokuswörter Reihe 1 in MetaTalk 6x11

Folgende Überlegungen des Teams können hier hilfreich sein:

  • Wo finden wir diese Wörter am Kommunikationsgerät?
  • Wie können wir diese Wörter „hervorheben“ (ev. farblich)?
  • Sollen wir die Pfade zu diesen Worten notieren/gut sichtbar aufhängen?
  • Wenn es Gebärden sind, wo finden wir die Gebärden-Bilder u. Videos?
  • Welche Aussagen/Sätze/Kommunikationsfunktionen können damit gebildet werden?
  • In welchen Situationen können diese eingesetzt werden?
  • Wann am Tag bieten sich solche Situationen? (Tagesuhr durchschauen) Bzw. wann oder wie oft am Tag können wir solche Situationen für unseren Nutzer „entstehen lassen“?
  • Welche Interessen hat unser Nutzer und welche davon könnten wir hernehmen, um die aktuellen Fokuswörter zu modeln?
  • Wenn das Kind/der Nutzer gerne Bücher/Fotos anschaut, gibt es ev. Bücher/Fotos/Bilder, die wir dafür einsetzen können, diese Worte oft zu nutzen?  

Das heißt - die Grundregel lautet: Das Team verwendet 6 Wochen lang immer die gleichen 5 - 6 Wörter hochfrequent durch Modelling für den Nutzer oder zusammen mit dem Nutzer.

Hier ein Beispiel für die erste Fokuswörterreihe:

noch mal, fertig, nicht, wollen (will), gucken
(bei uns in Österreich würden wir natürlich „gucken“ durch „schauen“/„sehen“ ersetzen)

Damit wird das Team selber super fit werden in der Benutzung, und je öfter der Nutzer diese Worte „gemodelt“ erlebt, desto schneller kann er nicht nur die Wörter auf dem SAGE finden, sondern er lernt vor allem zu verstehen – wie in der normalen Sprachentwicklung ja auch - wie diese Wörter tatsächlich im Alltag angewendet werden können.

Dieses Konzept kann auch unabhängig von der Kommunikationsform, welche die unterstützt kommunizierende Person verwendet, eingesetzt werden. Egal ob beim Einsatz von Gebärden, Kommunikationstafeln, -ordnern oder elektronischen Hilfen oder auch eine Kombination daraus.

Hat das Team diese Idee verstanden, hören wir oft die große Erleichterung: „Ach so, dann muss ich nicht gleich alle 100 Wörter wissen, sondern wir lernen uns und dem Nutzer immer nur ein paar Wörter für ein paar Wochen und erst dann die nächsten?“ – Ja, genauso ist es! 

Wilke u. Sachse schreiben in ihrem Artikel:

„Während der 6 Wochen wird kontinuierlich möglichst von allen Bezugspersonen gemodelt – unabhängig davon, ob ein UK-Nutzer die jeweiligen Fokuswörter schon selbst nutzt.

Es wird also nicht direkt nach Einführung der neuen Wörter erwartet, dass die unterstützt kommunizierende Person diese Wörter sofort verwenden kann. Aus der Sprachentwicklung ist bekannt, dass Kinder Wörter zunächst verstehen lernen, bevor sie diese auch selbst nutzen. Dementsprechend werden die Fokuswörter über den Zeitraum von 6 Wochen immer wieder angeboten.

Erst danach wird entschieden, ob zur nächsten Fokuswörterreihe übergegangen wird oder ob die Arbeit mit den gleichen Wörtern für die nächste Förderphase von 6 Wochen fortgeführt wird.“ (aus „Kompendium der Unterstützten Kommunikation“, 2019)

Innerhalb dieser 6 Wochen kann mitdokumentiert werden, ob oder wie der Nutzer diese Wörter schon verwendet.

Aber viel wichtiger ist lt. Wilke/Sachse die Überlegung, wie sicher sich das Team fühlt bei der Verwendung der aktuellen Worte: können alle Personen des Umfeldes die aktuellen Worte „schon im Schlaf“ finden und modeln auf dem SAGE? Setzen alle Personen des Umfeldes die aktuellen Worte auch schon hochfrequent ein, um für den Nutzer zu modeln?

Wenn sich das Team noch nicht bereit fühlt, die nächsten Worte dazu zu nehmen, dann bleibt das Team für eine bestimmte Zeit noch bei den bestehenden Worten und dann wird nochmal neu überlegt.

Wenn das Team schon bereit ist, 5 - 6 neue Wörter dazu zu nehmen – super! Dann kann gemeinsam die nächste Fokuswörter-Reihe ausgewählt werden und wiederum gemeinsam die Anwendung der neuen Worte im Alltag überlegt werden.

So wird kontinuierlich der Wortschatz aufgebaut – aber auf beiden Seiten – das Team, das die Wörter oft modelt und auch der Nutzer – der lernt, immer mehr Worte zu verwenden und im Alltag einzusetzen.

Einige Ideen zum Einsatz der Fokuswörter-Reihen finden Sie im UK-Tipp Ideen zum Einsatz der Fokuswörter-Reihen

Viel Spaß & Erfolg wünscht

Romana Malzer

METACOM-Symbole mit freundlicher Genehmigung von Annette Kitzinger www.metacom-symbole.de