Modelling in der Unterstützten Kommunikation: Mach es vor!

Symbolbild: Modelling, etwas vormachen
Symbolbild: Modelling, etwas nachmachen

„Wir brauchen unsere Kinder nicht erziehen, sie machen uns sowieso alles nach.“ Karl Valentin

Können Sie sich an den Fremdspracheunterricht in der Schule erinnern? Wer kennt das nicht – jahrelang paukt man Englisch-Vokabeln. Dann möchte man es erstmalig im Urlaub anwenden und kein vernünftiger Satz kommt über die Lippen. Aber immerhin versteht man einiges von dem, was andere reden. Haben Sie auch die Erfahrung gemacht, dass sich am Ende des Urlaubs ihre Sprachkenntnisse wesentlich verbessert haben? Dabei haben Sie gar nicht gepaukt…

Das heißt: Habe ich sehr viel Input in einer bestimmten Sprache rundherum, so geht Lernen fast von ganz allein, die Sprache entwickelt sich beinahe von selbst.

Kinder „spielen“ mit Sprache

Symbolbild: Diskutieren

Auch Kinder erwerben sich die Muttersprache nicht durch Vokabel pauken. Sie hören von früh bis spät Wörter, die an sie gerichtet sind, oder belauschen Gespräche. Sie sehen, in welchen Situationen Wörter verwendet werden. Nach und nach versuchen sie die Sprache nachzuahmen, oft nur die Sprachmelodie, oder einfach das plappern. Und sie bekommen Rückmeldung, was Erwachsene aus diesen Plappereien heraushören oder hineininterpretieren. Kleinkinder bekommen viele Monate die Gelegenheit, mit Sprache zu „spielen“. Sie sind umgeben von zahlreichen „Sprachvorbildern“, die Sprache unterschiedlich verwenden. Und jedes Kind will zu dieser Sprachgemeinschaft „dazugehören“, strengt sich an, um auch mitsprechen zu können.

Symbol-Kommunikation bei fehlender Lautsprache

Wie sieht es im Vergleich dazu mit Kindern/Jugendlichen/Erwachsenen aus, die die Lautsprache nicht zur Verfügung haben? Es fehlt ein wichtiges Bindemittel, um auch dazuzugehören, mitreden zu können. Mit der Unterstützten Kommunikation haben wir jedoch Hilfen und Alternativen, die es ermöglichen, auch mit Menschen mit fehlender Lautsprache in Verbindung zu kommen und sie mit uns: mittels Symbole und Gebärden! Ist es nicht möglich, ein Wort zu sprechen, kann auf ein Symbol gezeigt oder eine Gebärde gemacht werden.

Die meisten Symbole erschließen sich nicht von selbst, ohne die Beschriftung ist es schwer möglich, abstrakte Symbole zu verstehen. Doch diese Symbolsprache kann man lernen, so wie auch die Lautsprache! Dazu braucht es wieder Vorbilder, die zeigen, mit welchem Symbol ich etwas ausdrücken kann, welche Gebärde in der Situation angebracht ist. Auch Symbole und Gebärden werden nicht gepaukt, sondern am besten gelernt, wenn man in konkreten Situationen sieht, wo und wie man sie einsetzen kann – genau wie die Wörter bei kleinen Kindern!

Um die Gemeinsamkeit herzustellen, müssen wir „Mundsprecher*innen“ uns bewegen und selber diese Sprache der Symbole so oft es geht verwenden. Wir begeben uns auf eine Stufe mit den Menschen, die wir unterstützen beim Erlernen der Symbole, weil auch wir die einzelnen Symbole und die Struktur, in der sie organisiert sind, erlernen müssen, um eine gemeinsame Sprache zu sprechen. Dieses Vormachen, wie man Symbole verwendet, nennt man Modelling.

Wie geht Modelling?

Zusätzlich zu einem gesprochenen Satz wird auf Symbole gezeigt/gedrückt. Es wäre aber viel zu mühsam, jedes einzelne Wort eines Satzes als Symbol zu zeigen. Es reicht, zentrale Wörter auszuwählen. Stellen Sie sich vor, wie Sie mit einem kleinen Kind reden – automatisch betonen wir einzelne wichtige Wörter eines Satzes (und begleiten sie manchmal mit Gesten).

Beispiele:
SCHAU, da fährt ein ZUG!
Möchtest du AUCH hier sitzen?
Wir gehen jetzt SCHAUKELN!

Ähnlich kann man mit Symbolen verfahren. Es reicht, nur die groß geschriebenen Wörter als Symbol/Gebärde zu zeigen.

Was kann man modeln?

Symbolbild: Modelling, was ich spreche

was ich spreche
„hier ist es WARM

Symboldbild: Modelling, was ich denke / fühle

was ich denke/fühle
„ich werde die Jacke AUSZIEHEN“ 

Symboldbild: was ich glaube, dass der Nutzer sprechen möchte

was ich glaube, dass der/die UK-Nutzer*in sprechen möchte
„Möchtest du sagen 'Mir ist AUCH WARM'?“

 

 

Wo kann man modeln?

Bei jeder Gelegenheit, die sich im Alltag ergibt, von früh bis spät!
In gestalteten Situationen (Spiele!), in denen ich die Symbole z.B. auf einer Symboltafel zum Modeln vorbereitet habe.

Tipps und Links

Fokuswörter
Gehen Sie in kleinen Schritten vor. Nehmen Sie sich max. 4-5 Wörter vor, die sie möglichst oft als Symbol zeigen. Geeignet sind hier die Wörter der Fokusreihen, da sie im Alltag in vielen verschiedensten Situationen vorkommen, das ergibt viele Übungsmöglichkeiten.
Siehe dazu UK-Tipp zu Fokuswörtern. In einem kurzen Video erklärt Claudio Castaneda anschaulich „Zielwortschatz und Fokuswörter“. Idealerweise ist das Umfeld informiert über diese Fokuswörter und versucht sie auch so oft als möglich einzusetzen.

Dokumentation
Nina Fröhlich
stellt auf ihrer Website UK-Kiste tolle Arbeitsblätter zur Verfügung, die bei der Vokabularauswahl unterstützten (besonders geeignet für Kindergarten, Schule, Teams)

Spaß haben
Sie können sich angenehme und lustige und somit motivierende Situationen vornehmen, in denen Sie gezielt viele Wörter modeln, z.B. bei bestimmten Spielen. Dazu gibt es auf der Seite von Nina Fröhlich fertige Symboltafeln für verschieden Gesellschaftsspiele sowie Spielen mit Spielzeug: Symboltafeln

Ein Beispiel: Video über Modeln beim Spazierengehen

Bücher lesen mit Kernvokabular
zahlreiche kostenlose Bücher zum selber Ausdrucken mit Text und Symbolen auf der Metacom-Seite: Bücher

Weitere Informationen

Das Verwenden der Symbole parallel zum Sprechen macht Sprache verständlicher, verdoppelt die Kommunikationskanäle und spricht den visuellen Sinn an – aber es ist ungewohnt!

Wagen Sie den Versuch und geben Sie sich und den Lernenden Zeit!

Ihre Irmgard Steininger

Danke an Annette Kitzinger
METACOM Symbole © Annette Kitzinger